Katja Wanke
01.03.2022
01.03.2022
Stuttgarts Tiny Army of Happiness
Ein Nilpferd fährt in der U1, Katzen und Hunde cruisen im 42er Bus und ein Kranich nutzt statt seinen Flügeln zur Abwechslung mal die Zacke. Dabei handelt es sich keinesfalls um Wandertag in der Wilhelma – diese tierische Armee ist deutlich kleiner. Genauer gesagt: A5 oder A4 Format.
Lara Eva Sochor veranstaltet eine kleine Schnitzeljagd in Stuttgart, bei der sie ihre selbstgebastelten Origami-Figuren überall in der Stadt verteilt, um den glücklichen Finder:innen eine kleine Alltagsfreude zu bereiten.
Eine kleine Glücksarmee
Die langweiligen Lockdown-Abende etwas spannender gestalten: Vielleicht mal Stricken ausprobieren, Gitarre spielen lernen oder vielleicht doch lieber ein paar Yoga-Sessions? Ziemlich verbreitete Überlegungen im Corona-Frühling. So auch für Lara. Kurz vor Ostern hatte die Stuttgarterin das Origami-Falten für sich entdeckt und daraus ist ein kleines Glücks-Projekt entstanden. „Die Aktion ist organisch gewachsen“, lässt Lara Revue passieren. „Ich kam recht schnell zu dem Punkt, dass ich ziemlich viele Origamis hatte. Daraufhin habe ich einige verschenkt und gemerkt, dass ich den Leuten damit eine kleine Freude bereiten kann. So kam es dann auch, dass ich die Origamis gelegentlich in der U-Bahn oder im Bus stehengelassen habe.“ Mittlerweile gehen die kleinen Figuren sogar auf Reisen, wenn Laras Freunde in den Urlaub fahren. Der Projektname stammt ebenfalls aus ihrem Freundeskreis: „Ein Freund von mir hat die Origami-Figuren spaßeshalber meine kleine Glücksarmee getauft“, verrät Lara. „So ist dann der Name Tiny Army of Happiness für das Projekt zustande gekommen.“Löwen gegen schlechten Laune
Stuttgarter:innen können Laras Faltkunst im Bus, in der Bahn oder auch an den verschiedensten Outdoor-Stellen in der Stadt finden. Hin und wieder versteckt Lara die Origamis auch hinter Straßenschildern, solange diese auf Augenhöhe sind. Mithilfe eines kleines Stickers auf dem Papier macht die Kunsthistorikerin auf ihren Instagram-Channel aufmerksam, auf dem sie sich immer über nette Finder:innen-Nachrichten freut. Ihre liebste Gesucht-Gefunden-Story? „Eine Finderin hatte einen schlechten Start in den Tag. Und dann hat sie ein Origami gefunden und mir geschrieben, es hätte ihr den Tag gerettet. Dass ich, oder besser gesagt das Origami, ihr diese kleine Aufmunterung beschert hat, war schon toll“, freut sich Lara. „Wenn ich erfahre, dass meine Origamis einer Person den Tag versüßt haben, dann ist das auch für mich ein ganz besonderer Moment.“Dranbleiben!
Aller Anfang ist schwer, auch beim Origami. Laras Tipp für frischgebackene Falter:innen: Geduld. Ausdauer. Und einfach Dranbleiben. Vor dem Lockdown war auch Lara ein Origami-Neuling – mithilfe von YouTube-Videos und einigen Übungssessions kann sie inzwischen sogar schon ein Nilpferd aus einem einzigen Papier falten. Als Origami-Alleskönnerin würde sich Lara aber noch nicht bezeichnen: „Es gibt große Origamikünstler, die beispielsweise Kuckucksuhren aus einem einzigen Origamipapier falten. Das ist nochmal ein anderes Level.“ Die kleinen Tierchen schätzt Lara als echte Übungssache ein und rät Neueinsteiger:innen, die Anleitungen auf YouTube mit niedriger Geschwindigkeit abzuspielen und direkt mitzufalten.Gesucht? Gefunden!
Der Lockdown ist vorbei, das gesellschaftliche Leben fährt langsam wieder hoch und die Temperaturen ermöglichen auch andere Aktivitäten, als den gemütlichen Bastelabend im Wohnzimmer. Das Aus für die Tiny Army of Happiness? „Ich mache weiter“, verspricht Lara. „Es macht mir weiterhin Spaß. Das Falten, sowie das Verteilen. Origami zu Falten hat auch etwas sehr Entspanntes und Beruhigendes – und der Gedanke, dass die Origamis gefunden werden und jemandem eine Freude bereiten, der gefällt mir noch immer.“ Nach wie vor freut sich Lara riesig, wenn sich Finder:innen von kleinen Mitgliedern der Tiny Army of Happiness bei ihr auf Instagram melden. Denn auch wenn der kommende Sommer viel Serotonin und Sonne verspricht: Eine kleine Aufmunterung in Form eines bunten Origamis können wir alle gelegentlich gut gebrauchen.
Fotografien von Lara Eva Sochor